Rechtsanwalt Hannover für Erbrechtsfragen und mit Fachgebiet für Familienrecht in Hannover
Webdesign by elf42 Webdesign by elf42

Neues im Unterhaltsrecht

Das Unterhaltsrecht entwickelt sich ständig weiter. Als neue aktuelle Änderung ist die zum 01.01.2020 in Kraft getretene Düsseldorfer Tabelle anzusehen
(vgl. meinen Beitrag "Änderungen Düsseldorfer Tabelle 2020").

Darüber hinaus möchte ich auf folgende wesentliche Änderungen/ Entwicklungen des Unterhaltsrechts seit Mitte 2019 hinweisen: ...

1. Angehörigen-Entlastungsgesetz

Zum 01.01.2020 ist das Angehörigen-Entlastungsgesetz in Kraft getreten, mit dem Kinder, deren Eltern sowie Eltern, deren Kinder Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch XII beziehen von einem Zugriff/Rückgriff des Sozialhilfeträgers geschützt ("entlastet") sind, wenn das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten unter 100.000,00 ¤ brutto pro Jahr liegt.

Weshalb nicht gleichzeitig auch die Selbstbehalte in der Düsseldorfer Tabelle 2020 entsprechend angepasst worden sind, erschließt sich mir nicht. Dies wäre nur folgerichtig und konsequent gewesen. So ist in der Düsseldorfer Tab. 2020 der Selbstbehalt beim Elternunterhalt lediglich von 1.800,00 ¤ auf 2.000,00 ¤ monatlich angehoben worden.


2. Unterhaltsbedürftigkeit volljähriger Kinder bei Erwerbsminderung

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 02.10.2019 (Aktenzeichen 4 UF 209/18) entschieden, dass ein volljähriges Kind, das Hilfe zum Lebensunterhalt wegen voller Erwerbsminderung bezieht, hierdurch nicht automatisch unterhaltsbedürftig ist und damit nicht automatisch einen Unterhaltsanspruch gegen die Eltern hat. Das volljährige unterhaltsberechtigte Kind hat vielmehr darzulegen und auch zu beweisen, dass es nicht einmal in der Lage ist, weniger als 3 Stunden pro Tag zu arbeiten.


3. Zusammenwohnen als Voraussetzung von Ehegatten-Trennungsunterhalt

Der getrennt lebende weniger verdienende Ehegatte hat grundsätzlich ab Trennung (Auszug) gegen den mehr verdienenden Ehegatten einen Anspruch auf Ehegatten-Trennungsunterhalt (so genannter Aufstockungsunterhalt). Strittig ist insoweit, ob dieser Anspruch voraussetzt, dass die Eheleute vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammengelebt haben und ob insbesondere es vorher auch zu einer wechselseitigen wirtschaftlichen Verflechtung der Eheleute gekommen sein muss (gemeinsames "wirtschaften"). Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG Frankfurt a.A. FamRZ 2020, 95) hat insoweit nunmehr festgestellt, dass der Anspruch Trennungsunterhalt dies alles nicht zwingend voraussetzt.


4. Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus beim Unterhaltsberechtigten

Seit langem ist streitig, ob der sogenannte "Erwerbstätigenbonus" (Abzug von pauschal 1/7 vom Erwerbseinkommen bei der Berechnung von Ehegattenunterhalt) nur beim zahlungspflichtigen/ unterhaltspflichtigen Ehegatten vorzunehmen ist oder auch beim Unterhaltsberechtigten. Hierzu hat der Bundesgerichtshof (BGH NJW 2020, 238 Rn. 18) nunmehr klargestellt, dass der den Abzug des Erwerbstätigenbonus begründende sogenannte Erwerbsanreiz sowohl beim Unterhaltspflichtigen als auch beim Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen ist. Geklärt ist damit nunmehr, dass der Abzug von 1/7 auf beiden Seiten vorzunehmen ist, also auch beim Unterhaltsberechtigten.


5. Grenze der Quotenmethode bei hohem Einkommen

Grundsätzlich wird der Ehegattenunterhalt nach der so genannten Quotenmeethode berechnet (Qoutenunterhalt), indem sich der zu zahlende Unterhalt aus 3/7 des Differenzeinkommens beider Eheleute errechnet. Hintergrund dieser Berechnung ist der Grundgedanke, dass das Einkommen beider Eheleute vollständig die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat und demgemäß auch vollständig bei der Unterhaltsberechnung anzusetzen ist. Weil bei höherem Einkommen nicht mehr das gesamte Einkommen der Eheleute für die Bestreitung des täglichen Lebensunterhalts verwendet wird, sondern ein wesentlicher Teil auch zur Vermögensbildung, ist streitig gewesen, bis zu welchem Einkommen die Quotenmethode anzuwenden ist und ab welcher Einkommenshöhe der Unterhaltsberechtigte seinen Bedarf (die Höhe seines Unterhalts) konkret darlegen muss.

Insoweit hat der Bundesgerichtshof (BGH NJW 2019, 35709 nunmehr bestätigt, dass die Gerichte von der tatsächlichen Vermutung ausgehen dürfen, dass das Einkommen der Eheleute für den vollständigen Verbrauch des Familieneinkommens verwendet wird, soweit dieses Einkommen das "Doppelte des höchsten Einkommensbetrages der Düsseldorfer Tabelle" nicht übersteigt. Da der höchste Einkommensbetrag der Düsseldorfer Tab. aktuell 5.500,00 ¤ netto beträgt, ist die Grenze, bis zu der nach der Quotenmethode 3/7 des Differenzeinkommens grundsätzlich als Unterhalt zu zahlen sind, 11.000,00 ¤ monatlich. Will der unterhaltsberechtigte Ehegatte also einen höheren Ehegattenunterhalt als sich hieraus ergibt, muss er konkret darlegen und gegebenenfalls auch beweisen, dass und in welchem Umfang die hohen Einkünfte zur Deckung seines Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen verwendet worden ist. Er muss seinen höheren Bedarf also konkret angeben und die einzelnen Ausgabenpositionen konkret benennen und beziffern.


6. Berücksichtigung des Tilgungsanteils von Darlehen beim Wohnvorteil

Wohnt ein Ehegatte nicht zur Miete, sondern im Eigenheim (Eigentumswohnung, Haus) so wird ihm dieser "Mietvorteil" gegenüber einem Miete zahlenden Unterhaltsverpflichteten als sogenannter Wohnwert grundsätzlich (fiktiv) als (zusätzliches) Einkommen angerechnet, und zwar je nach Stadium der Trennung in Höhe der ortsüblichen Miete oder eines angemessenen subjektiven Wohnvorteils. Ist das Eigenheim mit einem Darlehen belastet, so kann der Ehegatte von diesem Darlehen bis zum endgültigen Scheitern der Ehe die Zinsen und die Tilgungslasten abziehen und nach endgültigen Scheitern der Ehe grundsätzlich nur noch den Zinsanteil. Begründet wird dies damit, dass der Tilgungsanteil eine Vermögensmehrung darstellt, die nicht zulasten des Unterhaltspflichtigen abzugsfähig sei.

Für den Elternunterhalt hat der BGH für diese Fälle bereits einen Paradigmenwechsel vorgenommen und klargestellt, dass neben den Zinsen auch der Tilgungsanteil vom Einkommen des Unterhaltsverpflichteten abzuziehen ist, und zwar nicht nur bis zur Höhe des Wohnvorteils, sondern auch darüberhinaus für sekundäre Altersvorsorge bis zu insgesamt 5 % des Bruttoeinkommens. Begründet hat dies der BGH damit, dass ohne das Darlehen auch kein Wohnvorteil bestehen würde und deshalb das gesamte Darlehen abgezogen werden müsse, also auch der Tilgungsanteil. Inwieweit dies Rechtsprechung in Zukunft auch für andere Unterhaltstatbestände (Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt) Anwendung findet, bleibt abzuwarten. Dass dies durchaus in Betracht zu ziehen ist, hat der BGH bereits in einer Entscheidung zum nachehelichen Unterhalt angemerkt.


Web Design by elf42 webdesign by elf42

Dr. Berghof| Hinüberstraße 4 |30175 Hannover| E-Mail: dr.berghof@web.de

© Webdesign by elf42 & Dr. Berghof, Hannover - Fachanwalt Familienrecht Hannover | Sitemap